Social-Media

Regulierung digitaler Plattformen am Beispiel der Europäischen Union

Die Regulierung digitaler Plattformen wird in verschiedenen Teilen der Welt diskutiert, insbesondere in Europa. Rechtsextreme und terroristische Propaganda sowie die Zunahme von Fake-News machen eine Regulierung von Online-Plattformen erforderlich.

Interventionsvorwürfe, beispielsweise bei den US-Wahlen 2016 (Cambridge Analytica) und beim Brexit, rechtsextreme und terroristische Propaganda, Gewalt und Pornografie sowie die Zunahme von Fake-News machen eine Regulierung von Online-Plattformen erforderlich. Tatsächlich versuchen Länder wie Deutschland, Frankreich und die Türkei, die Gefahren, die von diesen Plattformen ausgehen, durch die Regulierung des digitalen Angebotes zu minimieren. So wurden 2015 wichtige Debatten geführt, um terroristischer Propaganda im Netz Einhalt zu gebieten und um zu verhindern, dass auf diesen Plattformen Menschen radikalisiert und rekrutiert werden (Verhinderung der Verbreitung terroristischer Inhalte). Studien haben bestätigt, dass insbesondere Social-Media-Plattformen bei den in Europa 2018 verübten Terroranschlägen (hier Terroranschläge von „einsamen Wölfen“) eine Rolle spielten und dass die Terroristen, die diese Angriffe verübten, sich mithilfe dieser Kanäle motivierten. Neben der Verbreitung radikaler Ideologien und Materialien, die quasi als Leitfaden für den Terrorismus dienen können, lieferte auch die Tatsache, dass Internetportale bei Angriffen von Extremisten und bei IS-Angriffen von enormer Bedeutung sind, Hauptargumente für eine Regulierung.

Regulierungsdebatten in der Europäischen Union

Der erste ernsthafte Schritt in Richtung Regulierung, der in Europa bis heute in verschiedenen Dimensionen debattiert wird, war der 2018 verfasste Verordnungsentwurf der Europäischen Union. 2020 wurde eine Agenda zur Terrorismusbekämpfung (Anti-Terror-Agenda) verabschiedet, die den Diskussionsrahmen erweiterte und ein Mitwirkungsmodell hervorhob, um terroristische Inhalte auf Online-Plattformen zu verhindern. Nach Jahren der Diskussion und der Evaluierung wurde der entsprechende Gesetzentwurf bei der kürzlich erfolgten Abstimmung mit 52 gegen 14 Stimmen angenommen und verabschiedet. Der Hauptzweck des Gesetzes besteht darin, terroristische Propaganda auf Social-Media-Plattformen wie Facebook, Twitter und Youtube zu verhindern. Auf Ersuchen der zuständigen Behörden in den Ländern der Union sollen dementsprechend Internetseiten, die den Terrorismus unterstützen, innerhalb einer Stunde gelöscht oder gesperrt werden. Im Falle einer Zuwiderhandlung droht den Unternehmen eine Geldstrafe in Höhe von bis zu 4 Prozent ihres Jahresumsatzes, wenn also der Inhalt nicht entsprechend entfernt oder blockiert wird. Angesichts der Kritik verschiedener gesellschaftlicher Gruppen an diesem Gesetz, das letztlich auf finanzielle und administrative Sanktionen baut, verfolgt man aufmerksam, welche Konsequenzen das Gesetz in der Praxis haben wird.

Gesetzeskritik

Zivilgesellschaftliche Organisationen wie Human Right Watch, Amnesty International, die Union für bürgerliche Freiheiten für Europa, der Europäische Journalistenverband sowie prominente Mitglieder des Europäischen Parlaments wie Patric Breyer kritisieren, dass das Gesetz die Meinungs- und Gedankenfreiheit einschränke. Gegner des Gesetzes, die einen Missbrauch des Gesetzes befürchten, um oppositionelle Meinungen zu unterdrücken, argumentieren, dass diese Verordnung autoritären Politikern wie Orban die Arbeit erleichtern könne. Darüber hinaus wird zu bedenken gegeben, dass den Anbietern sozialer Netzwerke eine zu kurze Bearbeitungszeit eingeräumt werde, um Inhalte zu entfernen, die vermeintlich terroristische Propaganda verbreiten, und dass deshalb auch ungewollt Fehler auftreten könnten. Als technische Kritik wird vorgebracht, dass die Algorithmen, mit denen Technologieunternehmen den terroristischen Inhalt erkennen sollen, ebenfalls falsche Entscheidungen produzieren können. Ein weiterer Kritikpunkt, den die Gesetzesgegner anbringen, besteht darin, dass automatisierte Filtermechanismen menschliche Emotionen nicht gänzlich „verstehen“ können und dass daher auch nicht schädliche Inhalte als Folge dieses Gesetzes unter die Räder geraten und gelöscht werden könnten.

Weltweite Beispiele für Social-Media-Regulierungen

Mit dem sogenannten News Media Bargaining Code, der im März von der australischen Regierung verabschiedet wurde, müssen Social-Media-Unternehmen die Urheber, also die Originalquelle der von ihnen verbreiteten Nachrichten, entschädigen. So lenkte selbst Facebook nach langen Diskussionen mit der australischen Regierung ein und kündigte an, sich dem Gesetz zu beugen. In gleicher Weise wurden in Deutschland 2018 (NetzDG-Gesetz) und rechtliche Prozeduren verabschiedet, die Social-Media-Plattformen einen verbindlichen Rahmen vorgeben. Diese Gesetze, die illegale Beiträge wie Hassverbrechen, Terrorismus, Eingriffe in Wahlen und Rassismus auf Plattformen wie Facebook, Youtube, Twitter und Instagram verhindern sollen, sind wichtige Entwicklungen bei der Regulierung digitaler Lebensbereiche. Auch bilden das „EU-Gesetz Digitale Dienste“ und das Dokument „Cybersicherheitsstrategie der Europäischen Union“ der Europäischen Kommission wichtige Texte, welche die Dynamik digitaler Bereiche erfassen und eine Lücke in diesem Bereich schließen. In diesem Sinne bietet die Europäische Union sowohl als Dachorganisation als auch in Bezug auf die Regulierung digitaler Bereiche in den Mitgliedsländern zahlreiche Beispiele.

Die Regulierung des digitalen Bereiches hat sich zu einer Auseinandersetzung um die Souveränität zwischen Staaten und Betreibern digitaler Plattformen entwickelt. So haben diese internetbasierten Kanäle das Verständnis der territorialen Souveränität radikal verändert und einen Paradigmenwechsel in diesem Bereich eingeleitet. Staaten konkurrieren einerseits im Cyber-Raum miteinander und führen darüber hinaus diesen Souveränitätskampf mit Social-Media-Unternehmen, die als globale Mächte an keine nationalen Grenzen gebunden sind. Die „digitale Souveränität“, allem Anschein nach eines der wichtigsten Diskussionsthemen der nächsten Jahrzehnte, öffnet im Machtkampf von Staaten und Social-Media-Plattformen den Weg für neue Herausforderungen.

[TRT Deutsch 21. Mai 2021]

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