Deutscher Islamophobiebericht 2018

Der diesjährige Bericht konzentriert sich auf die engen Verflechtungen von Rasse, Klasse und Herrschaft. Er arbeitet Verbindungen zwischen europäischen Grenzregimen, Sozialpolitik und Islamophobie in Deutschland im Jahr 2018 heraus.

Der diesjährige Bericht konzentriert sich auf die engen Verflechtungen von Rasse, Klasse und Herrschaft. Er arbeitet Verbindungen zwischen europäischen Grenzregimen, Sozialpolitik und Islamophobie in Deutschland im Jahr 2018 heraus. Vor diesem Hintergrund ist Migration der Dreh- und Angelpunkt, durch den rassifizierende Ausschlüsse hauptsächlich stattfanden. Wenn man berücksichtigt, dass verschiedene Gruppen in unterschiedlicher Weise rassifiziert werden, ist es auffällig, dass Erfahrungen von „Schwarzsein“ und „Arabisch-/Muslimischsein“ einander immer mehr ähneln. Dabei handelt es sich z. B. um zeitgenössische Diskussionen rund um Antisemitismus, Entwicklungen, die die Erfahrungen von schwarzen US-Amerikanern widerspiegeln: eine Politik der plötzlichen Inhaftierung mit möglichen lebensbedrohlichen Konsequenzen; prekäre Arbeitsbedingungen bis hin zur völligen Ausbeutung; eine Grenzpolitik, die Europa gegenüber Afrika und dem Nahen Osten abriegelt; oder einfach Ähnlichkeiten in der Kulturpolitik, besonders hinsichtlich der Rap-Musik und im Sport. Das Jahr 2018 hat zudem gezeigt, dass „Migration“ und „Asylpolitik“ die vorherrschenden Räume sind, in denen ein tödlicher Dreiklang von Migration, Asyl und Rasse zusammenkommen kann, etwa wenn das Publikum bei einer öffentlichen AfD-Veranstaltung mit Blick auf Seenotflüchtlinge „Absaufen, absaufen, absaufen!“ skandiert. Islamophobe Diskurse in Deutschland haben sich in ihren konzeptuellen Benennungspraktiken in den vergangenen 70 Jahren vom „Gastarbeiter“ über den „Ausländer“, zum „Muslim“ und heutigen „Wirtschaftsmigranten“ und/oder „-flüchtling“ schlussendlich zur (islamistischen) physischen „Bedrohung“ verschoben. Dies legt auch eine rassifizierende Ökonomie offen, die frühere Gastarbeiter und deren Beiträge nicht nur diskursiv entwertet (vom „Gast-/Arbeiter“ zum „Muslim“ und zur „Bedrohung“), sondern die dieselben Gruppen durch ihre verschiedenen Benennungspraktiken nun auch als ökonomische „Trittbrettfahrer“ oder existenzielle „Bedrohungen“ betitelt. Obwohl laut offiziellen staatlichen Statistiken in Deutschland die Anzahl der physischen Angriffe gegen deutsche Muslime, Geflüchtete und Migranten gesunken ist, gibt es genug Anlass zur Sorge: Die sogenannten „Konservativen Revolutionäre“ der alten und neuen Rechten professionalisieren sich politisch, ökonomisch sowie in den sozialen Medien, bis hin zu professionell organisierten Musikveranstaltungen und militärischen Trainings. Die Formen der politischen Gewalt, die 2018 zu erleben waren, sind gekennzeichnet von einem Menschen jagenden Mob, koordiniert durch das Internet – wie in Chemnitz, wo (weiße) westliche Globalisierungsopfer die Opfer des westlichen Imperialismus und des Krieges durch die Straßen jagten. Im Jahr 2018 war Islamophobie in Deutschland somit weiterhin eine in gefährlicher Weise erfolgreiche Politik mit wachsender Tendenz zu mobartiger Straßengewalt.

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